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Anfängerfehler – von schwachen Männern und schweren Maschinen

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29 März 2010~6 Min Lesen
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Ansgar von Schenk, Jahrgang 1956, hatte schon früh den heißen Draht zu Zweirädern. Als jugendlicher Zoni zunächst mit der Schwalbe in den Sommer, zog es ihn nach der Wende zu größeren Maschinen hin. Während bei manchem Mann eine Bekanntschaftsanzeige mit der Formulierung „reich, schön/gutaussehend“ das Herz höher schlagen lässt, wurde er bei der Beschreibung seiner „Bea“ derart schwach, dass es erwachsenen Frauen ob soviel Zuneigung die Tränen in die Augen treibt und sich so manche Frau fragen wird: Was macht dieses Blechgefährt (diese Blechgefährtin?) so attraktiv?

Nun, die Frage kann jeder leicht beantworten, der aktiv oder als „Sozius“ seine Welt per Motorrad erkundet hat und dadurch in den Genuß von „born to be wild-feeling“ gekommen ist. Mit Herzblut und Augenschmunzeln erzählt der Autor seine Beziehung zum Motorrad und schafft es auf geniale Weise, den Bogen vom „Technischen Ratgeber“ zum Leitfaden für unbeschwertes Fahrvergnügen zu schaffen.

Ein Lesevergnügen für Motorrad- und –beifahrer und alle, die mal wieder richtig herzlich lachen möchten!

Leseprobe aus dem Buch:

Der Motorradkauf (wie man es richtig macht)

Bea habe ich sehr zeitgemäß kennengelernt. Wie man heutzutage halt Partnerschaften knüpft: Im World-Wide-Web. Und auch hier voll im Sinne des Zeitgeistes: Also auch nur, weil da ein Bild von ihr drin war. Ohne Bild? Keine Chance!

Natürlich sind Äußerlichkeiten für mich völlig unwichtig und beeinflussen meine rein vom Verstand geprägten Entscheidungen normalerweise überhaupt niemals, aber: Bea sah affentittengeil aus … Einfach umwerfend.

Und da ist man sich doch als Mann sofort sicher: Wenn jemand so eine Ausstrahlung, solche Kurven hat, da kommt das mit den inneren Werten doch wahrscheinlich ganz automatisch, muss ja … Und wenn es dann, trotz aller Vorsorge, nicht klappen sollte, ist nicht völlig auszuschließen, dass es doch ein ganz klein wenig die Gesellschaft ist, die unser aller Leben oftmals so negativ beeinflusst …

Ein gutes Gefühl.

Um das zu verstärken, gab ich meinem Verstand rasch den Auftrag, nun gefälligst die sachlichen Argumente zu erfinden, die meine längst gefällte Bauchentscheidung nachträglich begründen sollte. Schnell war klar: Da muss eine Expertenmeinung her!

Man muss ja nicht darauf hören. Bringt aber im Nachhinein den Vorteil, dass man immerhin jemanden hat, dem man die Schuld geben kann, wenn sich die Entscheidung als falsch herausstellen sollte. Und so ein Mensch aus Fleisch und Blut taugt natürlich viel besser als Sündenbock als die gesichtslose Gesellschaft. Kluge Leute, die Juden, die diesen Sündenbock schon vor mehreren Tausend Jahren erfunden hatten. Man schreibt einfach den ganzen Mist, den man ein Jahr lang verzapft hat, auf ein Stück Pergament und wenn man das alles getan und die Zettel (meist reicht ja ein Zettel allein nicht aus) am Hinterteil eines armen, unschuldigen Ziegenbockes angeklebt hat, tritt man den Bock in dasselbe. Und schon sind sie fort, die Sünden …

In der Jetztzeit hat man diese Methode noch einmal verfeinert. Mittels aufwändiger, jahrzehntelanger Gerichtsprozesse verklagt man den Bock auf Schadenersatz und lebenslange Alimentierung. Aber so weit war ich ja damals Gott sei Dank noch lange nicht.

Dafür war der Experte rasch gefunden. Ein Schulfreund, der schon seit zehn Jahren „Bi-eM-DoubleYou“ fährt. Ich konnte ihn zu einem ganz unverbindlichen Besichtigungstermin überreden. Eine alte Kaufmannsregel sagt schließlich: „Angucken kost’ nichts!“ Dumm nur, dass Bea weit von mir entfernt wohnte. Über 500 km lagen zwischen mir und meiner Internetliebe.

Deshalb schien es angebracht, auch ohne konkrete Kaufabsicht – nur sicherheitshalber – mit einem Transporter dorthin zu fahren. Mit einer stabilen Bohle hinten drin. Die auch notfalls sieben Zentner Motorrad aushält. Ach ja: Eine größere Summe Bargeld Manteltaschen. Keinesfalls vergessen! Apropos Mantel: Hatte ich schon gesagt, dass just zu dieser Zeit Gevatter Winter in Deutschland herrschte? Für mich kein Problem. Wir hatten schon schlechtere Regierungen.

Die Fahrt verging fast wie im Fluge. Mein Schulfreund unterhielt mich vortrefflich mit kurzweiligen Geschichten über viel zu alte Männer, die viel zu spät und für viel zu viel Geld viel zu minderwertige Motorräder gekauft hatten. Fragen konnte man allerdings kaum noch einen. Die meisten schon tot. Selbstmord; klarer Fall … Und ich lernte in diesen Stunden auch allerallerwichtigste Regel für den Motorradkauf: „… kaufe niemals – hörst du: niemals – ein gebrauchtes Motorrad in einer Hinterhofwerkstatt!“

Gott sei Dank war dann die Werkstatt doch nicht im erstbesten Hinterhof. Sie war im dritten! Der Meister selbst lief uns über den Weg und grunzte: „Ihr kommt sicher wegen der ‚S’. Mitkommen!“ Und dann war es so weit: Ich stand meiner Bea zum  ersten Mal wahrhaftig gegenüber. Auge in Scheinwerfer sozusagen.

Und ich musste mir nicht einmal den Anschein geben, ihr nirgends anderswohin als nur in die Augen zu gucken. Augen habe ich schließlich selber …Ungeniert betrachtete ich sie von allen Seiten, aus allen Perspektiven. Ihr werdet es nicht glauben: Sie sah „in echt“ noch viel, viel besser aus als auf den Fotos. Inbrünstig betete ich zu meinem Gott: „Vater, erleuchte den Freund! Lass ihn keinen Makel finden an meiner Auserwählten …!“

Doch Gott hörte wahrscheinlich gerade jemand anders zu. Wieder einmal. So stellte der Freund dem Verkäufer ziemlich viele und ziemlich komische Fragen. Ob denn der Auspuff „orschinal“ sei? Dass die Fußrasten für seinen Geschmack etwas hoch angebracht seien und ähnliches … Doch wie immer im Leben: Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.

An jenem denkwürdigen Tage in Form einer alten Motorradzeitschrift, die wir auseinanderfalteten, während der Meister gerade einen Gesellen zusammenfaltete.

Quelle & Bild: Ansgar von Schenk

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