Die aktuellen Zahlen sprechen eine klare Sprache: Der europäische Motorradmarkt ist im ersten Halbjahr 2025 deutlich eingebrochen. Laut dem Verband der europäischen Motorradhersteller (ACEM) gingen die Neuzulassungen in den fünf größten Märkten – Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich – im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 11 % zurück.
Rückgang in fast allen Märkten – Spanien als Ausnahme
Besonders stark betroffen ist Deutschland. Mit nur noch 90.010 neu zugelassenen Motorrädern verzeichnete der deutsche Markt einen dramatischen Rückgang von 29 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Auch in Frankreich (–14,8 %), Italien (–4,2 %) und Großbritannien (–19,8 %) ging die Zahl der Neuzulassungen deutlich zurück. Lediglich Spanien sticht mit einem Plus von 5 % hervor und zeigt, dass das Interesse an motorisierter Zweiradmobilität dort ungebrochen ist.
Im Moped-Segment sieht es europaweit nicht besser aus: Ein Minus von 19,2 % in sechs wichtigen Märkten (u. a. Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande) unterstreicht den rückläufigen Trend.
Was steckt hinter dem Rückgang?
Ein wesentlicher Grund für den aktuellen Einbruch ist die technische Umstellung auf die neue Abgasnorm Euro 5+, die Anfang 2025 in Kraft getreten ist. Viele Hersteller haben ihre Modellpaletten angepasst oder ältere Modelle auslaufen lassen. In der Folge war das Angebot vorübergehend eingeschränkt, was sich direkt auf die Verkaufszahlen ausgewirkt hat.
Die anhaltende Inflation, gestiegene Energiekosten und allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit in vielen Ländern lassen Konsumenten zögern, größere Anschaffungen wie Motorräder zu tätigen. Gerade im mittleren Preissegment zeigen sich hier erste Bremsspuren.
E-Mobilität, Carsharing, Fahrräder und der öffentliche Nahverkehr gewinnen in Städten weiter an Bedeutung. Gerade jüngere Zielgruppen entscheiden sich häufiger gegen den Kauf eines eigenen Fahrzeugs – besonders dann, wenn keine sicheren Abstellmöglichkeiten vorhanden sind oder zusätzliche Kosten wie Führerschein und Versicherung abschrecken.
Ein kalter Frühling oder unbeständiges Wetter – wie es in Teilen Europas 2025 der Fall war – kann die Kauflust ebenfalls dämpfen. Viele potenzielle Käufer warten ab oder verschieben Anschaffungen in die zweite Jahreshälfte.
Ein oft unterschätzter, aber zunehmend spürbarer Trend: Viele Käufer wenden sich bewusst von neuen Modellen ab und suchen gezielt nach gut erhaltenen Maschinen aus den späten 1990ern und frühen 2000ern – also der Zeit vor elektronischer Überfrachtung, Ride-by-Wire, Konnektivität und Assistenzsystemen.
Warum sind diese „Youngtimer“ so gefragt?
Die Folge: Ein wachsender Gebrauchtmarkt, in dem hochwertige Bikes der Jahrgänge 1998–2005 heiß begehrt sind. Das reduziert natürlich auch die Notwendigkeit, ein brandneues Motorrad zu kaufen – besonders wenn ältere Modelle bereits den gewünschten Stil, Sound und Fahrspaß bieten.
Trotzdem: Die Leidenschaft lebt weite
Auch wenn die Zahlen rückläufig sind, bleibt das Motorrad für viele Menschen in Europa ein Symbol für Freiheit, Individualität und Flexibilität – besonders in Ländern wie Spanien, wo das Motorrad fester Bestandteil des Alltags ist.
Was bedeutet das für die Branche – und für uns Biker?
Hersteller müssen sich neu positionieren: effizientere Modelle, klare Nachhaltigkeitsstrategien und ein starker Fokus auf urbane Mobilität sind gefordert. Für uns Motorradfahrer bleibt der Blick auf den Markt spannend – denn mit jeder Umbruchphase kommt auch Innovation: neue Technologien, alternative Antriebe und vielleicht der ein oder andere Preiskracher im Ausverkauf der Vorjahresmodelle.
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